Sanktionen

Das 11. Sanktionspaket der EU gegen Russland

Was die Verschärfung der Sanktionen für Unternehmen bedeutet

Aktualisiert: 02.02.2024 Publiziert: 24.07.2023

Das jüngste Sanktionspaket der Europäischen Union gegen Russland wurde auf Vorschlag der Europäischen Kommission verabschiedet und trat am 24. Juni 2023 in Kraft. Das Hauptziel dieses Pakets besteht darin, die Umgehung bestehender Sanktionen zu verhindern.

Im Folgenden haben wir die wichtigsten Bestimmungen des Sanktionspakets zusammengefasst. Wer an noch mehr Details interessiert ist, kann sich jetzt für unseren Stammtisch am 28. Juli zum Thema Russland-Sanktionen anmelden.

Verhinderung von Umgehungsgeschäften

Bestimmte Drittstaaten, darunter der Iran, China, einige zentralasiatische Staaten und die Türkei, weisen ein hohes Risiko der Umgehung von Sanktionen auf. In der Vergangenheit gab es einen Anstieg des Exports von gelisteten Gütern, Technologien und Dienstleistungen aus der EU in diese Staaten, die dann indirekt nach Russland gelangten. Um die Wirksamkeit der Sanktionen sicherzustellen, wurden den EU-Exporteuren nun strengere Sorgfaltspflichten auferlegt. Darüber hinaus wurde ein neues Instrument eingeführt, das es ermöglicht, ganze Drittstaaten für den Export von kriegswichtigen Gütern aus der EU zu sperren, wenn die Umgehung der Sanktionen über diesen Drittstaat nicht erfolgreich verhindert werden kann.

Listen von Gütern mit hohem Umgehungsrisiko

Die Europäische Kommission hat informell eine Liste mit Gütern und Technologien veröffentlicht, die als besonders anfällig für Umgehungen gelten.

  • elektronische integrierte Schaltungen;
  • elektronische Güter für die drahtlose Kommunikation, satellitengestützte Funknavigation und passive elektronische Komponenten;
  • diskrete elektronische Bauteile, elektrische Stecker und Verbinder, Navigationsgeräte, digitale Kameras und zugehörige optische Bauteile; und
  • Herstellungsausrüstung für die Produktion und Qualitätsprüfung von elektrischen Komponenten und Schaltungen

Diese Listen wurden in Zusammenarbeit mit Partnerländern wie den USA, Japan und dem Vereinigten Königreich erstellt und können erweitert werden. EU-Exporteure müssen bei der Ausfuhr von Gütern in Drittstaaten besonders vorsichtig sein und die Einhaltung der Vorschriften sorgfältig prüfen.

Zusätzlich dazu hat die Europäische Kommission eine Liste mit wirtschaftlich kritischen Gütern veröffentlicht. Diese Güter stehen ebenfalls unter Sanktionen, gelangen jedoch in erheblichem Umfang über Drittstaaten nach Russland. Die Liste ist umfangreich und kann weiter ergänzt werden. Sie betrifft Güter aus den folgenden Warengruppen:

  • Chemikalien (Kapitel 28 des Zolltarifs)
  • Maschinen (Kapitel 84)
  • Elektronik (Kapitel 85)
  • Schifffahrt (Kapitel 89)
  • Optische Geräte und Instrumente (Kapitel 90)

Erweiterung des Durchfuhrverbots

Das Durchfuhrverbot wurde erweitert und gilt nun auch für Güter und Technologien, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands beitragen könnten, sowie für Güter und Technologien, die in der Luft- oder Raumfahrtindustrie verwendet werden können. Das Verbot betrifft auch Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive. Dieses Durchfuhrverbot betrifft hauptsächlich Spediteure, die Güter durch russisches Staatsgebiet transportieren.

Wir diskutieren, was das 11. Sanktionspaket gegen Russland für Unternehmen bedeutet. Sei bei unserem Stammtisch am 28. Juli dabei.

Beschränkung des Zugangs zu EU-Häfen

Schiffe, die gegen das Verbot der Einfuhr von russischem Rohöl und Erdölerzeugnissen oder gegen Preisobergrenzen verstoßen, haben keinen Zugang zu Häfen und Schleusen im Hoheitsgebiet der EU. Dies gilt auch für Schiffe, die ihr automatisches Schiffsidentifizierungssystem illegal stören, wenn sie russisches Rohöl oder Erdölerzeugnisse befördern.

Beschränkungen des geistigen Eigentums

Bestimmte Handlungen in Bezug auf das geistige Eigentum von sanktionierten Gütern werden ebenfalls sanktioniert. Der Verkauf von Rechten des geistigen Eigentums, die Erteilung von Lizenzen und die Gewährung von Zugangsrechten zu geschützten Materialien oder Informationen sind verboten. Dies dient dazu, die Nachbildung oder Verwendung der Güter in Russland zu verhindern.

Erstreckung der Beschränkungen auf Luxusgüter

Das Verbot des Verkaufs, der Lieferung und der Ausfuhr von Luxusgütern wurde erweitert und betrifft nun auch akzessorische Verbote wie technische Hilfe, Vermittlungsdienste und die Bereitstellung finanzieller Mittel im Zusammenhang mit den gelisteten Gütern.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Verbote nur wirksam werden, wenn das betroffene Luxusgut einen Wert von 300 EUR pro Stück oder mehr hat, sofern im Anhang XVIII nichts Gegenteiliges festgelegt ist. Für elektronische Artikel für den häuslichen Gebrauch gilt eine höhere Wertgrenze von mehr als 750 EUR, während Luxusfahrzeuge einen Wert von mehr als 50.000 EUR pro Stück haben müssen, um von den Verboten erfasst zu werden.

Erweiterung der Güterlisten

Das Sanktionspaket erweitert den Anhang XXIII der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 um zusätzliche Industriegüter, darunter Elektro- und Hybridfahrzeuge, Produkte aus Kautschuk, Dampfkessel, Gießmaschinen und Messgeräte. Es wurden auch weitere Positionen in den Anhängen VII und XXXV hinzugefügt.

Nachweispflichten für Eisen- und Stahlerzeugnisse

Es ist verboten, (d) in Anhang XVII aufgeführte Eisen- und Stahlerzeugnisse ab dem 30. September 2023 unmittelbar oder mittelbar einzuführen oder zu kaufen, wenn sie in einem Drittland unter Verwendung von in Anhang XVII aufgeführten Eisen- und Stahlerzeugnissen mit Ursprung in Russland verarbeitet wurden;
Für in Anhang XVII aufgeführte Erzeugnisse, die in einem Drittland unter Verwendung von Stahlerzeugnissen des KN-Codes 7207 11 oder 7207 12 10 oder 7224 90 mit Ursprung in Russland verarbeitet wurden, gilt dieses Verbot ab dem 1. April 2024 für den KN-Code 7207 11 und ab dem 1. Oktober 2024 für die KN-Codes 7207 12 10 und 7224 90.
Für die Zwecke der Anwendung dieses Buchstabens müssen die Einführer zum Zeitpunkt der Einfuhr einen Nachweis über das Ursprungsland der Eisen- und Stahlvorprodukte, die für die Verarbeitung des Erzeugnisses in einem Drittland verwendet wurden, vorlegen;“
Alle Importe mit KN Codes (Anhang XVII) müssen geprüft werden, unabhängig woher importiert wird. Sofern es einen Treffer gibt bei oben genanntem Abgleich, müssen die Lieferanten um Ursprungsnachweise für die Vorprodukte gebeten werden. Also woher wird der Stahl bezogen.
Für bestimmte Produkte gibt es eine Ausnahmeregelung, also Verlängerung.

Personenbezogene Beschränkungen

Die Liste der sanktionierten Personen und Unternehmen wurde erweitert. Es gelten Beschränkungen für die Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen an diese Personen und Unternehmen.
Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 wurde um 71 Einzelpersonen und 33 Unternehmen erweitert, denen keine Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden dürfen. Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 enthält nun 87 weitere Unternehmen, darunter zehn aus Drittstaaten, die verschärfte exportkontrollrechtliche Vorgaben für Dual-Use-Güter und fortgeschrittene Technologien beachten müssen. Diese Unternehmen stehen im Verdacht, sanktionierte Güter aus der EU an Russland weiterzuleiten.

Was Unternehmen jetzt tun sollten

Der verstärkte Fokus auf Sanktionsumgehungen über risikobehaftete Drittstaaten hat spürbare Auswirkungen auf die alltägliche Wirtschaftspraxis. Unternehmen, die gelistete Güter in kritische Drittstaaten exportieren oder von dort einführen, müssen besonders hohe Sorgfalt walten lassen und ihre Geschäftspartner sowie die Vertragsgestaltung sorgfältig überprüfen. Es ist dringend ratsam, bestehende Compliance-Systeme schnell an die neuen Regelungen anzupassen. Insbesondere sollte ein gründliches Sanktionslistenscreening des Geschäftspartners durchgeführt werden, um mögliche „Red Flags“ zu identifizieren. Die eigene Prüfung sollte lückenlos dokumentiert werden, und es könnten Vertragsklauseln aufgenommen werden, die die Weitergabe von sanktionierten Gütern nach Russland ausschließen. Es ist auch empfehlenswert, Informationen über den Verbleib der Güter zu übermitteln und Vertragsstrafen für den Fall von Verstößen vorzusehen.

In diesem Zusammenhang ist es äußerst wichtig, dass Unternehmen im Außenwirtschaftsverkehr stets auf dem Laufenden sind, was die geltenden Verbote und Beschränkungen betrifft. Nur so können fahrlässige Verstöße gegen EU-Sanktionen vermieden werden. Es ist unbedingt zu betonen, dass Bußgelder für etwaige Sanktionsverstöße bereits ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der entsprechenden Verbote verhängt werden können. Es gibt grundsätzlich keine Karenzzeit, in der die Behörden von einer Verfolgung absehen würden. Insbesondere bei neu eingeführten Beschränkungen für bestimmte Güter, wie zum Beispiel Ausfuhrverbote, sollten Unternehmen sorgfältig prüfen, ob es Altvertragsregelungen gibt, die es unter bestimmten Umständen erlauben könnten, Verträge bis zum 25. September 2023 noch zu erfüllen.

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