Deutschlands Industrien sind fleißige Einkäufer. Pro Jahr werden Waren im Wert von etwa 1.300 Milliarden Euro eingeführt. Der internationale Einkauf fokussiert sich auf Fahrzeuge und Fahrzeugteile, elektronische und optische Geräte oder chemische Erzeugnisse. Die meisten Unternehmen legen bei der internationalen Beschaffung das Hauptaugenmerk auf eine attraktive Produktauswahl, schnelle Lieferzeiten und eine günstige Preispolitik.
Die internationale Warenbeschaffung ist fester Bestandteil komplexer Produktionsketten. So setzen die Automobilindustrie oder der Flugzeugbau vermehrt auf globale Entwicklungspartnerschaften. Auch bei einfachen Produkten hat Global Sourcing in den letzten Jahren deutlich zugenommen.
Folgende Gründe rechtfertigen den internationalen Einkauf:
Während sich kleinere Unternehmen vermehrt an den internationalen Einkauf herantasten, ist Global Playing für Konzerne und Großunternehmen längst zur Routine geworden.
Der internationale Einkauf bedarf umfassender Vorbereitung. Unternehmen müssen sich unter anderem mit den Zollvorschriften vertraut machen und eine Absicherung gegenüber schwankenden Währungskursen schaffen.
Bevor Waren aus einem Drittland bezogen werden, müssen sich Firmen über die geltenden Zollbestimmungen informieren. Ein wichtiger Faktor dabei ist, dass die erhobenen Zölle und Gebühren letztlich zu einem Bestandteil des endgültigen Einkaufspreises werden. Eine aktive Führung eines Fremdwährungskontos hilft, durch Währungsschwankungen eintretende Risiken auszugleichen. Fragen hinsichtlich der Qualität fallen in das unternehmerische Risiko des Einkäufers.
Die Anforderungen, die an den internationalen Zulieferer gestellt werden, sind abhängig von den Zielsetzungen des Unternehmens.
Der Prozess lässt sich auf zwei Situationen vereinfachen:
Der Einkauf kleinerer Mengen von Randprodukten stellt die Qualität des Produktes, den Preis und die Lieferfähigkeit in den Fokus.
Sollen langfristige Verbindungen zum Zulieferer aufgebaut und Produkte in größerer Menge eingekauft werden, kommt es auf weitere Faktoren an.
Es gilt, folgende Kriterien einzubeziehen:
Häufig wird vernachlässigt, derartige Kriterien bei der Findung passender Zulieferer zu berücksichtigen. Dies kann sich langfristig auf den Unternehmenserfolg auswirken und zu Verzögerungen des Imports und dadurch ausgelösten Verkaufsstopps führen.
Folgende Punkte sind wichtig, um den internationalen Einkauf effizient und zielführend abzuwickeln.
In den letzten Jahren wurden zahlreiche Vorschriften und Normen europaweit vereinheitlicht. Dennoch müssen zusätzlich landesspezifische Vorgaben berücksichtigt werden. Lieferanten mit attraktiven Produkten operieren nicht selten weltweit. Es kann nicht automatisch vorausgesetzt werden, dass dem Lieferanten im Ausland alle EU-weit wie landesspezifisch geltenden Vorschriften geläufig sind. Unternehmen sollten sich daher selbst über die geltenden Regelungen Kenntnis verschaffen.
Unternehmen, die Produkte international einkaufen möchten, sollten wissen, wie die Waren hergestellt werden und zusammengesetzt sind. Eine vollständige Stückliste verschafft hier den genauen Überblick. Wichtig ist auch eine Auflistung über die im Produkt enthaltenen Substanzen. Dies ist notwendig, da verschiedenen Anforderungen, wie RoHS oder REACH, nur entsprochen werden kann, wenn bekannt ist, wie sich die Produkte zusammensetzen und produziert wurden. Eine aussagefähige Dokumentation verlangt nach diesen Informationen, auch wenn sich in der Praxis zeigt, dass nicht alle Lieferanten darüber bereitwillig Auskunft geben wollen oder können.
Der internationale Einkauf von Produkten wird durch die EMV-Richtlinie, die Niederspannungsrichtlinie und andere EU-weite Vorschriften überwacht. Dies erfordert das Vorliegen umfangreicher technischer Unterlagen. Daraus muss hervorgehen, dass die Waren den produktspezifischen Anforderungen entsprechen. Werden in Serie gefertigte Produkte über längere Zeiträume eingekauft, müssen Hersteller nach dem Produktsicherheitsgesetz handeln und die Konformität in Bezug auf die Anforderungen mit entsprechenden Dokumenten nachweisen.
Wichtig ist, darauf zu achten, dass sich im internationalen Einkauf keine Hürden aufgrund von mangelnder Sprachkenntnisse ergeben. Die Verhandlungen über Produkte und Konditionen sollten in sicherem Business-Englisch ablaufen. Dies ist besonders bei asiatischen Lieferanten unverzichtbar. Bei Fragen hinsichtlich der Produktzusammensetzung oder mit EU-Recht kompatiblen Dokumenten und Bescheinigungen sitzen die Verantwortlichen in der Einkaufsabteilung oder der Produktion. In der Praxis zeigt sich, dass diese Personen kaum Englisch sprechen und oft keinen Kundenkontakt pflegen. Da diese Themen in den Verhandlungen zwingend zu berücksichtigen sind, ist darauf zu achten, dass auch zu diesen Fragen verhandlungssichere Personen mit guten Englischkenntnissen zur Verfügung stehen.
Die an die zu importierenden Produkte gestellten Anforderungen sind vertraglich abzusichern. Der Gesetzgeber fordert eine komplexe Dokumentation und vielfältige Maßnahmen, die für eine Produktsicherheit auf dem europäischen Markt sorgen sollen. Daneben müssen mit den Lieferzeiten, der Produktqualität oder den Gewährleistungsansprüchen weitere Aspekte vertraglich abgesichert werden.
Finden gewisse Produkt-Compliance-Anforderungen vertraglich keine Berücksichtigung, kann sich dies negativ für den Einkäufer auswirken. Das Risiko sollte nicht unterschätzt werden, wie folgendes Beispiel zeigt:
Wenn ein Produkt gegen bestehende Chemikalien-Vorgaben verstößt, können Unternehmen, die den Umstand nicht hinreichend vertraglich festgehalten haben, mit Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro belangt werden. Dies kann unabhängig davon geschehen, ob das Produkt tatsächlich gesundheitsgefährdend ist oder nicht.
Wenn Behörden Import- oder Verkaufsverbote verhängen, weil die Dokumentation fehlerhaft ist oder komplett fehlt, können entstandene Schäden nur schwer beim Lieferanten eingefordert werden. Auch die nachträgliche Beschaffung der Unterlagen ist häufig kaum möglich. Daher sollten die Product-Compliance-Anforderungen gleichwertig mit anderen Regelungen behandelt werden und im Vertragstext berücksichtigt werden.
Bei internationalen Einkäufen treten, neben der Qualität der Ware und der Einhaltung der Lieferfristen, Zölle und Währungsschwankungen in den Fokus. Die Zollbehörden stehen den Unternehmen beratend zur Seite. Dies sorgt für eine Entlastung, da der Katalog an Vorgaben, Regelungen und Einschränkungen überaus komplex erscheint.
Für eine ganze Reihe an Warengruppen sind bestimmte Genehmigungspflichten einzuhalten. Weiterhin müssen häufig Einfuhrlizenzen vorgelegt werden. Dies ist zum Beispiel bei der Einfuhr von Agrarprodukten der Fall. Ebenso gilt es zu vermeiden, dass Anti-Dumping-Zölle anfallen. Daher ist es immer ratsam, dass Firmen, bevor sie Waren aus Nicht-EU-Ländern einkaufen, mit dem Zollamt Kontakt aufnehmen und sich dahingehend umfassend sachkundig machen.
Da die Zölle maßgeblichen Einfluss auf die Kostenrechnung haben, lohnt es, sich vorab zu informieren, welche Abgaben erhoben werden. Mithilfe einer „verbindlichen Zollauskunft“ kann in Erfahrung gebracht werden, wie hoch die Zölle für die entsprechende Warengruppe ausfallen. Damit können Unternehmen weit besser kalkulieren, denn erst nach der Addition des Warenpreises, der Frachtkosten und des auf die Waren erhobenen Zolls ergibt sich letztlich der tatsächliche Einkaufspreis auf dem internationalen Markt.
Bei internationalen Geschäften wird die Bezahlung in der Regel mit US-Dollar oder Euro abgewickelt. Für deutsche Unternehmen, die Waren aus Drittländern beziehen, sind daher besonders die zwischen dem US-Dollar und dem Euro auftretenden Kursschwankungen relevant. In der Praxis bedeutet dies, dass es ein starker Euro ermöglicht, die Waren durch die Bezahlung mit US-Dollar besonders günstig einzukaufen. Schwächelt der Euro gegenüber dem US-Dollar, kehrt sich das Prinzip um und es erscheint wirtschaftlicher, den internationalen Einkauf mit US-Dollar abzuwickeln.
Letztlich liegt der Fokus nicht darauf, Profite aus günstigen Wechselkursen zu schlagen, sondern stabile und verlässliche Geschäfte abzuwickeln. Für Großunternehmen ist die Führung von Fremdwährungskonten selbstverständlich. Auch kleinere Firmen sollten Zahlungen über dieses Konto abwickeln. Ein Vorteil: Das Konto kann in der Fremdwährung aufgestockt werden, wenn der Kurs gerade günstig ist.
Generell vermieden werden sollte, die Bezahlung in der Währung eines ohnehin währungsschwachen Landes vorzunehmen. Zwischen der Auftragserteilung und der Bezahlung können mehrere Wochen bis Monate liegen. Das Risiko während dieser Zeitspanne wäre nicht kalkulierbar und ließe sich nur durch bei der Hausbank abgeschlossene Versicherungen absichern. Damit würde der Einkauf im Ausland aber bereits die Gestalt eines Warentermingeschäfts annehmen. Der möglichst günstige Wareneinkauf sollte nicht primär im Vordergrund stehen. Wichtig ist, sich hinreichend gegen mögliche Schwankungen abzusichern.
Quellen:
https://www.wlw.de/de/inside-business/praxiswissen/einkaeufer-ratgeber/internationaler-einkauf-1
https://produkt-compliance.de/magazin/internationale-beschaffung-5-tipps-fuer-langfristigen-erfolg/
https://www.brainguide.de/Internationaler-Einkauf/_c
https://www.benning.de/unternehmen/internationaler-einkauf.html
https://www.technik-einkauf.de/einkauf/internationaler-einkauf-wird-beliebter-398.html