„Emerging Technologies“ im Überblick

Die Aktualisierung der Ausfuhrliste durch die 21. Außenwirtschaftsverordnung betrifft vor allem Teil I Abschnitt B (Anlage AL zur AWV). Diese wurde um 14 neue Güterpositionen erweitert, die sogenannte „Emerging Technologies“. Die neuartigen Technologien sind nicht nur für den zivilen Bereich von großer Bedeutung, sondern können auch im militärischen Kontext verwendet werden – ein wesentlicher Grund für ihre Aufnahme in die Exportkontrollvorschriften.

Unter „Emerging Technologies“ versteht man bahnbrechende Entwicklungen wie Quantencomputer, künstliche Intelligenz, Robotik und Gehirn-Computer-Schnittstellen. Diese Technologien haben das Potenzial, sowohl die zivile Industrie zu revolutionieren als auch erhebliche Auswirkungen auf die militärische und sicherheitspolitische Landschaft zu haben. Daher sind sie zunehmend im Visier internationaler Exportkontrollregulierungen.

Erweiterte Exportkontrollen: Was genau wurde aufgenommen?

Die neuen Güter sind in den Positionen 3A1901a15 bis 4E1901b3 der Ausfuhrliste zu finden. Auffällig ist, dass diese Positionen im Gegensatz zu den bisherigen Güterpositionen in Teil I Abschnitt B nicht mehr mit 900er-, sondern mit 1900er-Kennungen enden. Dies hängt damit zusammen, dass die Europäische Kommission gemäß Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2021/821 (EU-Dual-Use-VO) eine Übersicht der nationalen Kontrolllisten der Mitgliedstaaten erstellt hat.

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Die 14 neuen Güterpositionen:

Güterposition
Beschreibung
3A1901a15
Integrierte Tieftemperatur-CMOS (Complementary Metal Oxide Semiconductor) Schaltkreise
3A1901b13
Parametrische Signalverstärker
3A1904
Kryogene Kühlsysteme und Bestandteile
3B1901k
Ausrüstung, konstruiert für das Trockenätzen (Dry Etching)
3B1903
Rasterelektronenmikroskope (Scanning Electron Microscopes), konstruiert für die bildgebende Untersuchung von Halbleiterbauelementen oder Integrierten Schaltkreisen
3B1904
Kryogene Wafer-Prüfausrüstung
3D1902
„Software“, besonders entwickelt für die „Verwendung“ der von Nummer 3B1901k erfassten Ausrüstung
3D1907
„Software“, entwickelt, um „GDSII“ oder vergleichbare standardisierte Layoutdaten zu gewinnen und eine Justierung der einzelnen Schichten aufeinander (Layer-to-Layer Alignment) von Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen vorzunehmen und „GDSII“-Daten für mehrere Ebenen oder die Netzliste des Schaltkreises (Circuit Netlist) zu gewinnen.
3E1901
„Technologie“ entsprechend der Allgemeinen Technologie-Anmerkung für die „Entwicklung“ oder „Herstellung“ von Ausrüstung, die von Nummer 3A1901b13, 3A1904, 3B1901k, 3B1903 oder 3B1904 erfasst werden
3E1902
„Technologie“, die nicht von Nummer 3E001 des Anhangs I der Verordnung (EU) 2021/821 in der jeweils gültigen Fassung erfasst wird, entsprechend der Allgemeinen Technologie-Anmerkung für die „Entwicklung“ oder „Herstellung“ von Ausrüstung, die von Nummer 3A1901a15 erfasst wird
3E1905
„Technologie“ entsprechend der Allgemeinen Technologie-Anmerkung für die „Entwicklung“ oder „Herstellung“ integrierter Schaltungen oder Bauelementen mit „Gate-All-Around-Feldeffekttransistor“ („GAAFET“)-Strukture
4A1906
Quantencomputer und zugehörige „elektronische Baugruppen“ und Bestandteile
4D1901b3
„Software“, die nicht von Nummer 4D001 des Anhangs I der Verordnung (EU) 2021/821 in der jeweils geltenden Fassung erfasst wird, besonders entwickelt oder geändert für die „Entwicklung“ oder „Herstellung“ der von den Unternummern 4A1906b oder 4A1906c erfassten Ausrüstungen
4E1901b3
„Technologie“, die nicht von Nummer 4E001 des Anhangs I der Verordnung (EU) 2021/821 in der jeweils geltenden Fassung erfasst wird, entsprechend der Allgemeinen Technologie-Anmerkung, für die „Entwicklung“ oder „Herstellung“ der von den Unternummern 4A1906b oder 4A1906c erfassten Ausrüstungen

Die Begriffe in den doppelten Anführungsstrichen sind in dem Regeln noch mal unter den Begriffsbestimmungen definiert, es ist wichtig sich diese auch noch mal anzuschauen und den Geltungsbereich für eigene Produkte und Dienstleistungen zu erfassen.

Bei Unsicherheiten ist eine Auskunft zur Güterliste hilfreich, da in der Praxis oftmals die Prüfung der Verordnung mit den vorhandenen Informationen zur Ware, Software oder Dienstleistung schwierig ist.

Außerdem sollten die Grundlagen der Ausfuhrlistenprüfung bekannt sein. Teil I Abschnitt B sind umgangssprachlich die nationalen Dual Use Güter. Es geht hier primär um eine nationale Maßnahme, die in anderen EU-Staaten so nicht gilt. Das ist anders als beim Anhang I der EU Dual Use Verordnung, die einen europäischen Geltungsbereich hat.

⚠️ Achtung

Die Ausweitung der Ausfuhrliste umfasst nicht nur die physische Ausfuhr der genannten Güter, sondern auch die zugehörige Software sowie Entwicklungs- und Herstellungstechnologien. Diese unterliegen ebenfalls den Exportkontrollvorschriften und werden teilweise in eigenen neuen Güterpositionen erfasst.

Warum wurden die „Emerging Technologies“ aufgenommen?

Die Ergänzung der Ausfuhrliste um diese Technologien ist eine Reaktion auf die zunehmende Bedeutung und das Risiko, das von diesen Technologien ausgeht. Während sie derzeit enorme Chancen für die Wirtschaft bieten, bergen sie auch ein erhebliches Sicherheitsrisiko, wenn sie in die falschen Hände geraten. Der Kontrollrahmen soll sicherstellen, dass diese kritischen Technologien nur in sichere und zugelassene Märkte exportiert werden.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Unternehmen, die in der Entwicklung, Herstellung oder dem Export von Technologien tätig sind, sollten nun ihre Produktlisten genau prüfen. Insbesondere wenn sie Software oder Komponenten im Bereich der Emerging Technologies vertreiben, könnte eine Exportgenehmigung erforderlich sein. Auch Fulfillment-Dienstleister und Logistikunternehmen sollten sich der erweiterten Vorschriften bewusst sein, um Verstöße gegen die neuen Regelungen zu vermeiden.

Auswirkungen auf Waffenembargos

Neben den neuen Technologiepositionen wurden auch bestehende Embargoregelungen aktualisiert. So wurden die Ausnahmen bei Waffenembargos gegen Somalia und die Zentralafrikanische Republik angepasst. Zudem wurde die Liste der Verstöße gegen die Russland-Sanktionsverordnung (EU Nr. 833/2014) ergänzt.

Fazit

Die Einhaltung der neuen Vorschriften ist für Unternehmen unerlässlich, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden und weiterhin Zugang zu internationalen Märkten zu haben. Wir empfehlen deshalb eine gründliche Überprüfung Deiner Güter und Prozesse.  Wichtig sind insbesondere die Grundkenntnisse der Güterlistenprüfung. Dies sollte in den Stammdatenprozessen verankert sein, um nicht genehmigte Ausfuhren oder Verstöße zu vermeiden.

 

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