Aktualisiert: 10.12.2024 Publiziert: 16.08.2021
Kennst Du die Situation, Daten von einer Rechnung oder einem anderen Papierdokument in ein System, zum Beispiel für die Zollanmeldung, abtippen zu müssen? Das ist leider oft zeitfressend und dazu auch noch fehleranfällig, weil schnell die Währung falsch abgetippt wird oder sich ein Zahlendreher bei den Rechnungswerten einschleicht.
Die Digitalisierung in der Zollabwicklung schreitet immer weiter voran. Während die einen sich schon mit den innovativsten Technologien von Künstlicher Intelligenz (KI) und dem Digitalen Mind Set der Zukunft befassen, sind in vielen Büros noch Papierdokumente und dessen Datenübertragung an der Tagesordnung, weshalb sich viele Geschäftsprozesse in einem Spannungsfeld zwischen analogen und digitalen Vorgängen befinden. Gerade in der Zollabwicklung werden noch viele Dokumente – Lieferscheine, Packlisten, T1 Dokumente, Rechnungen u.v.m. – analog weitergegeben und verarbeitet. Wie können wir uns also das Leben hier vereinfachen, ohne den Tag mit Datenübertragungen zu verbringen?
Die Lösung heißt OCR-Technologie (Optical Character Recognition). Wenn Ihr Euch jetzt sagt, ich verstehe nur Bahnhof, dann lest den folgenden Beitrag und erhaltet eine Antwort darauf, was OCR eigentlich ist und was sie genau macht.
Die OCR-Technologie bezeichnet eine automatische Datenextraktion, mit deren Hilfe es möglich ist, aus gescannten Dokumenten oder Bilddateien Buchstaben, Zahlen und andere Schriftzeichen zu erkennen und diese in Text-Dokumente umzuwandeln. Somit stellt die OCR-Technologie in Kombination mit künstlich neuronalen Netzen und intelligenten Datenverarbeitungsprozessen die Basis zur Digitalisierung der Zollabwicklung dar. Einfach ausgedrückt heißt das, man erhält ein PDF-Dokument, z.B. eine Rechnung. Dieses Dokument wird in den „OCR-Engine“ gespeist. Diese extrahiert automatisch Daten, welche für eine Zollanmeldung wichtig sind.
Die OCR-Technologie kann zwar bereits von Beginn an vieles erkennen, dennoch muss sie im ersten Schritt trainiert werden. Insbesondere für klein- bis mittelgroße Unternehmen ist der Ansatz einer fertigen Lösung die bessere Alternative. Dabei wird ein bereits existierender Baukasten verwendet, welcher jedoch noch an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden muss. Deshalb ist es notwendig, viele Beispieldokumente in das System einzuspielen, um die Technologie zu trainieren. Gut trainieren lassen sich gleichartige Dokumente, die in hoher Anzahl vorkommen. Wenn Dein Unternehmen also immer das gleiche Rechnungslayout besitzt und Ihr eine gewisse Masse zusammenbekommt, ist das für eine gute Qualität der Datenextraktion hilfreich.
Wichtig ist auch, sich den gesamten Wertschöpfungsprozess anzuschauen und Dienstleister mit einzubinden, wenn man die OCR-Technologie nutzen möchte. Im besten Fall werden Dokumente direkt aus dem System versendet und nicht als eingescannte Variante weiterverarbeitet.
Was die Technologie nicht lösen kann, ist die eventuell mangelhafte Datenqualität der Dokumente selbst. Wenn falsche Rechnungswerte und Zolltarifnummern aufgeführt sind, hilft die beste Technologie leider nur bedingt. Daher sollte man vorher erst mal die Stammdatenqualität prüfen.
Die Praxis zeigt, dass Wunsch und Wirklichkeit in Sachen Digitalisierung noch immer ziemlich auseinanderklaffen.
In den nächsten fünf bis zehn Jahren kann ein Tool wie die OCR-Erkennung die Prozesse noch beschleunigen und verbessern. Bereits in ca. ein bis zwei Jahren wird die Technologie eine sehr hohe Reife erzielt haben, bei der man davon ausgehen kann, dass komplett neue Dokumente von Tag eins weg ohne jeglichen oder nur geringen menschlichen Eingriff durch virtuelle Maschinen elektronisch verarbeitet und im strukturierten Format zur Verfügung gestellt werden können (laut Aussage von Borisav Parmakovic von Digicust).
Ein weiterer Grund für die Nutzung der ORC-Technologie ist die Komplexität der Zollabwicklung. Bei einem so großen Informations- und Dokumentenaustausch zwischen vielen unterschiedlichen Beteiligten ist das Resultat eine große Menge an PDF-Dokumenten. Diese von Anfang an in einem strukturierten XML- oder JSON-Format zu erhalten, ist oft ein Wunschgedanke.
Borisav meint daher, eine KI-basierte OCR-Erkennung sei viel mehr als ein Treiber der Digitalisierung zu sehen und werde aufgrund ihrer flexiblen Einsatzfähigkeit noch länger eine Rolle spielen.
Bei der Auswahl eines OCR-Anbieters sind einige Kriterien zu beachten. Um die OCR-Technologie erfolgreich einzusetzen, ist eine fundierte Branchenerfahrung des Anbieters ein wichtiger Punkt. Durch das vereinte Wissen aus den Bereichen Zoll und IT in einem Unternehmen können etwaige Kommunikations- und Erwartungsprobleme beider Seiten umgangen werden.
Die Lernfähigkeit und maschinelle Validierung ist ein weiterer wichtiger Aspekt zur Erzielung von Automatisierung, welcher bei der gewählten Software gut funktionieren muss. Je schneller die KI durch Feedback lernt, desto rascher ist es möglich, die Daten automatisiert oder durch nur wenig manuelle Validierung an die nächsten Systeme zu schicken.
Ein einfach zu bedienendes User Interface (also das, was Du an der Bildschirmoberfläche siehst) ist für die Anwendung ebenfalls nicht zu unterschätzen. Je weniger Aufwand der Nutzer bei der manuellen Validierung hat, desto besser das Kundenerlebnis. Dies erfordert natürlich nicht nur eine tolle Software-Oberfläche, sondern auch eine KI, welche alle möglichen Konfigurationen durch geringsten menschlichen Einfluss erlernt.
Ein Hauptkriterium ist für Dich sicher auch der Preis. Hier gilt es aber zu unterscheiden. Das Problem ist, dass man zwischen den Anbietern oftmals schwer vergleichen kann. Daher empfehlen wir, Dokumente testen zu lassen, um zu prüfen, wie gut die „Standardtechnologie“ schon ist, ohne dass Anpassungen vorgenommen werden müssen. Die Komplexität der Dokumente spielt auch eine Rolle. Wollt Ihr wenige Informationen und Kopfdaten aus immer den gleichen Dokumentenlayouts extrahieren, so ist ein Template-basierter Ansatz der richtige. Bei Warenpositionen und einer Vielzahl an unterschiedlichen Dokumenten-/ Rechnungslayouts funktioniert dieser Ansatz jedoch nicht gut, weshalb 30% bis 70% an Mehrkosten angesetzt werden müssen. Deshalb ist für komplexere Projekte ein KI-basiertes OCR die einzige Lösung, Effizienzsteigerungen zu erzielen. Hochkomplexe Projekte wie z.B. die Zollabwicklung erfordern darüber hinaus noch Zusatzleistungen. Je komplexer das Projekt und die Anwendung, desto teurer das Produkt.
Wichtig dabei zu beachten ist, dass es unterschiedliche Abrechnungsarten gibt. Einige Anbieter berechnen den Service zur Dokumentenverarbeitung pro Dokument, andere pro Seite.
Besitzt der Technologieanbieter einen passenden Prozess zur Datenlieferung, so spürt der Zolldienstleister von Anfang an Effizienzsteigerungen und darf sich einer täglichen Zunahme erfreuen. Das wichtige daran: Der Aufwand des Zolldienstleisters wird minimal gehalten. Dies ist besonders wichtig, wenn die digitale Transformation erfolgreich realisiert werden soll.
Abschreiben von Daten aus Mails und Co ist ein fehleranfälliger und zeitfressender Prozess. Abhilfe kann die OCR-Technologie schaffen. Wichtig sind Prozessketten insgesamt, gute Datenqualität und eine überlegte Auswahl des Dienstleisters. Auch wenn OCR-Technologie irgendwann vielleicht durch andere Technologien wie Blockchain usw. abgelöst wird, so ist sie doch eine gute Zwischenlösung. Wie beim Digitalen Mindset müssen sich ja nicht nur Technologien entwickeln, auch die Benutzer müssen hier mitwachsen. OCR kann eine gute Möglichkeit sein, die Effizienz direkt zu verbessern.